Schmidt Cassegrain C11

Hallo Zusammen und willkommen zu meinem Thema SC Tuning.

Zuerst stellt sich generell die Frage, wie sieht der Standort aus, von welchem das SC betrieben wird!

Idealer weise sieht dieser so aus: Garten mit Wiese. Unter der Montierung und somit auch dem Teleskop, ist kein unnatürlicher Boden, wie z.B Beton, der sich tagsüber aufwärmt um später immer noch genügend Wärme abgeben zu können. Das Problem ist dabei, dass der Tubus von unten durch die warme aufsteigende Luft am Bauch beheizt wird und dessen Rücken bereits friert, bedingt durch die sinkende Temperatur der Außenluft. Das führt unweigerlich im Innenraum zu Tubus-Turbulenzen, dem sogenannten Tubusseeing.

Wie kann man Tubusseeing zum Lokalen Seeing unterscheiden? Diese Frage stellte ich mir schon lange, und fand auch in einschlägigen Foren niemanden, der mir die Frage beantworten konnte. Nun bin ich doch in der Lage hier schon mal eine Antwort abzugeben, nachdem ich mich intensiv diesem Thema bei meinem C11 widmete.

Jeder der mit Teleskopen arbeitet weiss, was lokales Seeing bedeutet und wie man diesem beim fokussieren begegnet. Dann kommt noch im „Idealfall“ das Tubusseeing hinzu. Das äußert sich mit kurz frequentierten vibrieren, sichtbar auf abwechselnden kleinflächigen Stellen innerhalb des ganzen Bildes.

Sorry, wie das visuell zu werten wäre entzieht sich meiner Kenntnis, da ich lediglich mit Bildgewinnung beschäftigt bin.

Dazu hier ein Beispiel:

 

Zuerst einige Gedanken zum Standort und Tubusseeing:

Idealer Standort Wiese: Hier reicht es aus, das Teleskop je nach Temperatur unterschied zwischen Lagerung und außen Temperatur, nach eigenen Erfahrungen hierzu, dieses genügen lange vor der Beobachtung auf die Montierung zu bannen, um es so austemperieren zu lassen. Ist es soweit, wäre es noch vorteilhaft den so erreichten Temperaturausgleich für die nächsten Stunden auch zu sichern.

Dazu bastelt man aus Frontscheibenfrostschutz Matte für PW`s ein Mäntelchen für sein Teleskop, und zieht dieses über den austemperierten Tubus. Nicht anlassen zum auskühlen, da es gegen außen dämmt und dadurch die natürliche Auskühlung verzögert!

 

Mein Standort ist da schon etwas aufwändiger:

Balkon mit Überdachung und Betonboden. Dieser Platz bietet ein vorzügliches Klima für Leute wie mich, die am liebsten barfuß die Nacht am Teleskop verbringen…. natürlich nur in den warmen Jahreszeiten. Die Sache ist aber die; wenn Füße nackt auf wohlig warmen Grund stehen, aber der Oberkörper bereits mit Pullover und leichter Sommerjacke bedeckt ist?!?… was passiert da wohl im Tubus Inneren?

Somit ist klar, jeder Standort verlangt nach entsprechenden Maßnahmen…. daher musste ich schon etwas radikaleres Tuning als nur ein längeres auskühlen draussen und Mäntelchen zum überstülpen ins Auge fassen.

_____________________________________________________________________________________________________

Daher kam bei mir als erste Maßnahme ein „sanftes Tuning“ + forcierter Temperatur Ausgleichmöglichkeit auf den Plan.

Mittels eines Lüfters, den man im Auszug einbringen kann, lässt sich die Umgebungluft in den Tubus reinführen….. aber wo soll die wieder raus, bei einem geschlossenen System? Klar, ein SC ist nie hermetisch abgedichtet….. aber die Spalten da und dort reichen für eine effiziente forcierte Temperierung nur bedingt aus, und schon gar nicht für einen gezielten Temperaturausgleich aller Komponenten im Innern des Tubus.

Daher habe ich mein C11 so präpariert, dass die einströmende Luft, zwingend hinter dem Hauptspiegel austreten muss. Dazu bohrte ich in der Rückwand 3x um 120° versetzt je vier 2,0mm Bohrungen rein, nahe dem Auszugsgewinde des C11. Nach meiner Überlegung wird so nicht nur die Luft im Tubus abgekühlt/ausgetauscht , sondern zugleich durch den gezielt vorgegebenen „Fluchtweg“ werden auch die massive HS-Halterung inkl. dem Hauptspiegel, Blendrohr sowie Fangspiegel und die Schmidt Platte ebenfalls adäquat in der Temperatur angepasst.

Um den Temperaturausgleich dann auch für weitere Stunden aufrecht erhalten zu können, habe ich meinem C11 gleich ein fixes Mäntelchen verpasst. Dieses besteht aus mehreren Schichten Korkmatte: 2x2mm dick und 1x10mm dick, also 14mm Außendämmung insgesammt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bereits diese Maßnahmen griffen vollumfänglich. Das partielle vibrieren auf dem Bildschirm, war Vergangenheit. Was blieb war aber ein sichtbares hüpfen der Konturen an den Ränder der Krater…..

 

Im anschließenden Summenbild wurde dieser Effekt erst richtig sichtbar! Siehe rote Markierung, die die „Verzerrung“ deutlich macht.

 

Intuitiv spürte ich…. das liegt nicht am Tubusseeing, da ist grundsätzlich ein anderes Problem dahinter, und das kann nur das Zusammenspiel der Spiegel und Auszug betreffen, sprich OPTISCHE ACHSE! was sich auch nachhinein dank eines entsprechenden Lasersystems bestätigen sollte.

Nun da ich ein Hirsch in Sachen Spiegelteleskope bin, und von zentrieren der optischen Achse so viel verstehe wie eine Kuh vom melken, musste ein Hilfsmittel für Unbegabte gefunden werden, die ihr System jederzeit auf der optischen Achse optimieren können!

Ich fand nach etwas Recherchieren im Web zu diesem Thema  das Hotech Laser Collimation System für SC. Ein Sternfreund hatte bereits solch eines in Betrieb und er konnte mir anhand seiner Erfahrungen damit dieses weiter empfehlen. Also holte ich mir das Hotech Laser Collimator und ich kann nur sagen, das ist ein sehr sehr nützliches Gäret!

 

Somit war ich nun in der Lage, mein C11 auch komplett zu zerlegen um die neu erdachten Maßnahmen umsetzen zu können.

_______________________________________________________________________________________________

 

Finales Tuning.

Um es gleich abzukürzen: ich stellte mir eine Kühlung direkt am Tubus vor, ohne einen Lüfter über den Auszug zu nützen, denn das bedingte jeweils das Teleskop entsprechend kurzfristig umzurüsten. Sprich den Auszug  von dem (schweren) Zubehör befreien, wodurch sich der Schwerpunkt massiv änderte und ich penibel darauf achten musste, dass das Teleskop nicht auf der Montierung aufschlägt, da es sich in beiden Achsen entsprechend der Schwerkraft hin bewegte. Am Tag war das kein Problem, aber in der Nacht wurde dieser Akt geradezu zu einer reifen Zirkusnummer….. denn eine vernünftige Möglichkeit das Zubehör, ohne dieses komplett abzukabeln, gegen den leichteren Aussenlüfter zu wechseln fiel mir nicht ein…….

Punkt um, ich führte folgendes aus:

Der Tubus erhielt seitlich unter den Losmandy Schienen je einen Lüfter. Die ursprünglichen 3x vier 2,0mm Bohrungen bohrte ich auf 2,5mm auf und erweiterte diese auf je 15 Borhungen. Dem gegenüber sind unter den Lüftern je vier 6mm Bohrungen angebracht. Daher kommt ohne großen Druck zu erzeugen fast doppelt so viel Luft in den Innenraum, als ausströmen kann. Den Rand des vorderen Außenrings zum Tubus und der Rückwand habe ich abgedichtet. So kommt die Luft nun gezielt in den entsprechend vorgesehenen Bohrungen hinter dem Hauptspiegel raus. Zu meiner Verblüffung funktioniert diese Belüftung so gut, dass ich sogar aktiven Luftaustausch praktizieren kann. Das bedeutet nun, dass jederzeit die Lüfter auch während der Aufnahmen angesteuert, und wenn nötig ohne die Aufnahme zu stören im Dauerbetrieb verwendet werden können.

Die seitlichen Flächen der Korkummantelung, die nochmals 2mm dazugewann (insgesamt ist die Wandung nun 16mm dick) habe ich orange angepinselt und danach mit Bootslack mehrschichtig überzogen. Zudem ist die Dämmung nun um den gesamten Tubus gleich dick, da ich zwischenzeitlich die originalen Schienen gegen stabilere und auf Böcken angebrachten Schienen austauschte. Dadurch war es auch möglich die Dämmung rund um den Tubus gleich dick zu gestallten und die Lüfter unter den Schienen zu verbauen. Abschließend kam noch eine Außenhülle gegen Feuchtigkeit aus Karbonfolie dazu.

Das finale C11, „Miss Piggy“, sehen wir hier, ready for take off .

 

 

Details zum Umbau:

Spiegelshifting ist ein leidiges Thema bei SC Teleskopen….. das jedoch beherrschbar ist wenn man jeweils in die selbe Richtung fokussiert. Da ich grundsätzlich die originale Fokussierung nur zur Grobeinstellung benötige, habe ich in der Rückwand zwei Stellschrauben angebracht, die auf die Halterung des Hauptspiegel drücken. Dadurch lässt sich eine leichte Fixierung nach grobfokussieren ausüben, so das der Spiegel jeweils in der selben Position verbleibt.

 

Links: zwei 9mm Bohrungen in Rückwand für jeweils eine M8 Langschraube.  Rechts: die mit zwei Komponenten Kleber eingeklebten Gewindebuchsen M8-Führungen.

 

M8 Schrauben und die Führung Buchsen / Außen Ansicht in der Rückwand.

 

Die Lüfter sind wie schon beschrieben seitlich, etwa 5cm hinter der Schmidt Platte angebracht. Die Verkablung habe ich so gewählt, dass diese in der Dämmungswandung in Kanälen verläuft. Damit die Lüfter bei Bedarf jederzeit schnell und ohne Lötkolben austauschbar sind,  wurden sie mit Steckverbindungen ausgestattet.

 

Verbauter Lüfter im finalen Tubus unter der Losmandyschiene.

 

Zudem ist am Tubusdämmungrand eine Buchse angebracht, die mit der stufenlosen 12Voltsteuerrung für die Drehzahl der Lüfter, bequemerweise mittels 4m Kabel zum Aufnahmepult verbunden werden kann.

 

Tubusinnenraum Lichtdämmung:

Die Aufnahme zur beurteilung der möglichen Kandidaten machte ich wie immer unwissenschaftlich, mittels lapidarer Aufnahme in der Küche, mit der vorhandenen Deckenbeläuchtung.

Mich störten zudem schon im Vorfeld gewisse Dinge: Farbe auftragen wie Black 2 ist sicher sinnvoll….. aber was ist wenn das Zeug abblättert! Velourfolie…… da ist Klebstoff am Werk, hält das? Alles lösbare Dinge gewiss, aber ich denke die originale Farbe ist schon i.O beurteilt anhand des Bildchen, also bleibt DIE als Lichtdämmung wie gehabt drinn. Das einzige das ich bezüglich Lichtdämmung unternahm, und was auch eindeutig gemacht werden muss, war das Tubusrohr innen mit Velourfolie auszukleiden. Das lässt sich auch von Außen bewerkstelligen, daher ist es eine einfach umsetzbare und sehr wirksame Sache!

 

UND, ein bisschen Luxus musste auch noch sein!

Daher erhielt das C11 noch einen zusätzlichen Handgriff, und eine X Y Achsenverstellung für das Leitrohr. Das XY-Ding ist ein geniales Gerät!!

 

 

Das wars!

Die erste Avi-Session nach dem finalen Tuning zeigte, dass mein C11 nun zu Höchstleistungen fähig ist.

Beste Grüße aus CH,

Jozef

P.S: Wer meinen Umbau nachmacht, tut das auf eigenes Risiko! Daher soll diese Doku nicht etwa als eine Anleitung oder gar als Empfehlung verstanden werden.