TAL-250K Teleskop: Umbau – Reparatur – Anpassung
Dokumentation und Beschreibung
Alle hier vorgestellten Angaben, Daten und Vorgehensweisen wurden gewissenhaft geprüft. Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle kann dafür aber keinerlei Haftung übernommen werden. Jede Nachahmung oder Reproduktion geschieht vollständig auf eigenes Risiko.
Spiegelreinigung mit FirstContact Polymer – Veränderung der OAZ Adaption –
Umbau eines Zenitspiegels Modifikation der Kollimationsschrauben am Hauptspiegel – Mattierung von Tubus und Blendrohr – Justage der Korrektoreinheit – Kollimation des Hauptspiegels
Februar – Juni 2019 / – Andreas George –
Nach der Kollimation ist vor der Kollimation
Begonnen hat alles damit, dass ich eines Tages beim Okularwechsel an meinem TAL-250K einen defokussierten Stern anschaute und feststellen musste, dass der Korrektorschatten nicht mehr zentrisch war. Also, die Kollimation des HS passte – nach 6 Jahren – nicht mehr. Gut, hat ja auch lange genug gehalten … Trotzdem sah‘ ich schlagartig viele Probleme kommen und hatte damit auch Recht …
Wenn das Eckige im Runden ist
Bei der letzten Kollimation des HS ist mir nämlich schon aufgefallen, dass die Sechskant-Schrauben an der Tubusrückwand immer „runder“ wurden. Ich hatte vor 6 Jahren die Kollimation „gerade noch so“ hinbekommen und damals den Steckschlüssel mit dem Gedanken weggelegt: „Oh je, das gibt Stress beim nächsten Mal …“. Meine Hoffnung auf eine gaaanz lange Zeit bis zum nächsten Mal erfüllte sich zwar, aber „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ und jetzt hatte mich mein Klevtsov erwischt. Wenigstens, so tröstete ich mich, kann ich dann, nach insgesamt 8 Jahren im Einsatz, auch mal so was wie eine Grundreinigung machen. Trotz aller Sorgfalt landen natürlich auch Staub und Pollen im offenen Tubus.
Nachdem der OAZ demontiert war, sah‘ ich auch gleich das Malheur für die verlorenen Kollimation: Eine der Kollimationsschrauben wurde in Novosibirsk ohne Unterlegscheibe verbaut und hatte sich tief (also das ist natürlich relativ, aber bei 3mm Kopfhöhe sind 1,6mm schon viel) in das weichere Aluminium der Rückwand gegraben. Und damit war das nächste Problem schon da: Mein Steckschlüssel hatte keine Chance den Kopf noch zu greifen, der zusätzlich sowieso schon recht runde Kanten hatte. Mit einer vernünftigen Zange konnte ich die tief in einem Loch sitzende Schraube auch nicht fassen und mit der Feinzange konnte ich viel zu wenig Kraft ausüben um sie auch nur einen Hauch zu lockern.
So sahen die noch funktionierenden Schrauben aus. Auch hier war der Kopf schon stark in Mitleidenschaft gezogen.
Die Sechskant-Schraube saß fest und hatte mittlerweile einen komplett runden Kopf – Mist! Da saß ich nun mit einem nicht mehr funktionierenden Teleskop, kam nicht weiter, konnte aber auch nicht wie wild drauf loswerken – die Optik war ja noch drin.
Staub zu Staub
Die Lösung kam in der Form meines kleinen Dremel-Plagiats und verschiedener Fräs- bzw. Gravierköpfe. Ich begann den festsitzenden Schraubenkopf abzufräsen, Span für Span arbeitete ich mich voran.
Klein aber fein – hätte nicht gedacht, dass so ein Aldi-Teil so was hinbekommt. Was schafft dann erst das Original?
Ich hatte viele Auswahlmöglichkeiten um der Schraube zu Leibe zu rücken.
Glücklicherweise hatte sich das Eisen der Schraube mit etwas sehr weichem vergeschwistert, so dass sich die Minifräsköpfe tatsächlich recht zügig vorarbeiten konnten. Ich habe das Fräsen kurz darauf an einer hochfesten DIN 12.9 Schraube versucht. Nach 3 Minuten sah die, außer einem kleinen Kratzer, noch wie neu aus. Aber bei der hier produzierte ich ordentlich Eisenstaub …
Nach knapp 3 Stunden (zwischendrin musste ich immer wieder mal pausieren, weil das alles zu heiß wurde) war der Schraubenkopf pulverisiert und ich konnte den dann erstaunlich locker sitzenden, übrig gebliebenen Schaft mit einer kleinen Zange greifen und herausdrehen.
Am Schluss blieb vom Schraubenkopf nicht mehr viel übrig.
Diese beiden Fräsköpfe machten das Rennen. Der eine für die Fläche, der andere um möglichst wenig das Sackloch am Tubus zu beschädigen. Der Stummel ist hier schon ein Stück herausgedreht.
Vorher – nachher, so könnte man das auch nennen. Ist natürlich die benachbarte Schraube, die noch griffig war.
Hier sieht man nochmal schön den Zustand der Sacklöcher, der restlichen Schrauben und die Unterlegscheiben, die verhindern, dass sich der Sechskantkopf da hineingräbt. Das Sacklock mit der defekten Schraube hat zum Glück nicht allzu sehr gelitten. Eine kleine Fase war da, aber weiter außen konnte was Neues immer noch vollflächig aufliegen.
Uff, dass ging grade nochmal gut …
Reinigung HighTec
Den anderen Synergieffekt, den ich nutzen wollte (wenn ich schon AUF statt DURCH das Teleskop schaue), war eine Spiegelreinigung. Leider war meine übliche Newtonprozedur, also den Spiegel ausbauen und ins Wasser legen, dann die Finger einweichen bis alles aufgequollen ist (also die Finger), dann zunächst mal berührungslos abbrausen und ganz zur Not mit viel Spüli unter den weichen Fingern nachhelfen, nicht möglich.
Der HS mit Staub und Pollen. Im Normalfall hätte ich da nicht eingegriffen, aber wenn das Teleskop schon mal zerlegt ist.
Hier sieht man den komplexen Aufbau der Spiegelzelle. Der „rosafarbene“ Ring ist ebenfalls aus Eisen und würde sehr schnell Rost ansetzen.
Am Klevtsov-Hauptspiegel ist das Blendrohr in der Spiegelbohrung verklebt und Wasser ist da sicher nicht so gut. Zudem sind das Rohr und alle Teile aus denen es besteht (die federnden Klammern an denen er klebt, die Gewinde (das Blendrohr besteht aus drei Teilen, die verschraubt sind), die Madenschrauben, die kleinen Distanzringe zwischen den Abschnitten) aus Eisen und das rostet bei passender Gelegenheit ganz fix. Auch Teil des „Kollimationsmechanik“ bestehen aus aufeinander gleitenden Metallflächen (eine davon aus Eisen), auf denen sich Rost schädlich bemerkbar machen würde. Hinzu kam, dass ich das Teleskop so wenig wie nur irgend möglich zerlegen wollte. Daher sollten der Spiegel und sein Aufbau in Gänze an der Tubusrückwand verbleiben.
Das ist das Blendrohr von innen. Diese Lamellen kleben an der HS-Bohrung und diese Metallstummel bildet den mittleren Teil des Blendrohres.
Hier innen rein wird eine Art Rohr mit Kugelkalotte geschraubt (in der Schnittzeichnung oben rot).
Und hier sieht man diesen Eisenring und das Kugelkalotten-Teil, von dem gerade die Rede war – und die Schrauben schon mit Flugrost. Oben, glänzend ist das Gewinde zu sehen an dem der Metallstummel an dem der HS befestigt ist, aufgeschraubt wird. Die letzten beiden Bilder stammen nicht von meinem Klevtsov-Teleskop!
Damit schied Wasser aus – aber was dann? Trockeneisreinigung mit CO2 – schlecht für die Verbindung von Blendrohr und Spiegel, außerdem muss der HS dazu versendet werden. Abblasen – schlecht, weil Pollen schon ganz schön fest „kleben“ können und „reine, gesäuberte“ Luft habe ich nicht und bei dem nötigen starken Luftstrom entsteht da auch schon mal ein Hauch von Sandstrahler …
Die Sache verkomplizierte sich also noch weiter. Also erst mal Folie drum rum und weiter überlegen und recherchieren.
Nachdem hier noch viel in der Pipeline ist, ich die Abschnitte Zug um Zug jetzt fertigstelle und das Ganze sich ja nicht bis zum St. Nimmerleinstag ausdehnen soll, gibt’s gleich den nächsten Beitrag (und die Antwort auf die obige Frage):
FirstContact, oder: „Assimilier das!“
Etwas was Staub, Pollen (und sogar Fett – wenn da) einfach aufnimmt und entfernt – das wäre die optimale Reinigung! So kam ich auf „First Contact“ (nein, nicht auf den Film oder die “Borg“), auf ein flüssig aufzubringendes Reinigungspolymer, dass nach „Aushärtung“ als gummiartige Schicht wieder abgezogen werden kann und mit ihm alle Rückstände auf der Oberfläche verschwinden. Sauteuer – aber für mich ziemlich alternativlos …
https://mountainphotonics.de/product/rei…nsoptiken/
Leider bestand der deutsche Vertreiber (siehe oben) darauf, da das ein Gefahrgut in Mindermenge wäre, zusätzlich nochmal 17,50€ Versandkostenpauschale zu erheben. Versendet und geliefert würde es dann aber über den ganz normalen Paketdienst … aha! Also machte ich mich auf die Suche nach alternativen Anbietern. Die USA schieden, ob des schlechten Umtauschkurses und der anfallenden Einfuhrumsatzsteuer, sofort aus. Auf dem europäischen Kontinent gaben sich die Preise gegenseitig nichts, aber zum Glück gibt es ja noch das Vereinigte Königreich.
https://www.365astronomy.com/home.php
So fand ich in Brighton einen Astro-Händler, der das deutlich günstiger verkaufte. So kam es zu der kuriosen Situation, dass eine „Gefahrgutsendung“ aus England quer durch Europa deutlichst billiger war (roundabout -20%), als ein Paket via DHL aus Landsberg am Lech. Tja, komische Zeiten …
So kam das „First Contact“ an, allerdings in einer lichtgeschützten Tasche, die allerdings nur den Effekt hat, dass sich die rote Einfärbung unter UV Strahlung nicht zersetzt. So sieht man besser, welche Stellen bereits beschichtet sind und kann auch die Schichtdicke (durch die Farbintensität) besser einschätzen.
Einmal angekommen hatte ich aber trotzdem nur eine sehr theoretische (YouTube)-Vorstellung, wie das Zeug anzuwenden sei. Und je konkreter ich wurde, desto mehr Fragen tauchten auf: Wie viskos ist die Flüssigkeit? Wie dick muss die Schicht sein? Ob es in Spalten und Fugen laufen würde? Wie einfach ist der Film wieder abzulösen und ab wann reißt er einfach ab?
Zum großflächigen Experimentieren war es mir aber zu teuer, also blieb mir nichts anderes übrig, als das Ganze einfach mal anzuwenden.
Die komplette Rückwand meines Klevtsov (an der der HS hängt) war schnell vom Tubus entfernt. Die Schlitzschrauben ließen sich (mal ganz was Neues) einfach lösen und rausdrehen und mit ein bisschen ruckeln (die Teile sitzen mit Nut und Fuge auf Press zueinander) waren Spiegelzelle und Tubusrohr auseinander. Hier zeigte sich auch wie exakt die russischen Teleskopbauer arbeiten mussten. An Nut und Fuge waren deutliche Spuren der Nachbearbeitung zu sehen. Das hat seinen guten Grund (siehe weiter unten).
Die Fangspiegelkonstruktion (die „Curved Spider“ mit der Korrektoreinheit) ließ ich, auf dringenden Rat aus Moskau, am Tubus fixiert. Der Grund war ganz einfach. Die Praxis aus Russland (und nachfolgend dann auch Beispielrechnungen in OSLO, die Vladimir Sacek (www.telescope-optics.net) anfertigte, als wir vor einiger Zeit via CloudyNights über die Designparameter des TAL-250K rätselten, hatten gezeigt, dass selbst ein hauchdünner seitlicher Versatz zwischen HS und Korrektor katastrophale Folgen auf die Abbildung hat. Die Moskauer Astronomen meinten, dass es einfach nicht sicher gewährleistet wäre, dass die komplette Curved-Spider-Einheit wieder absolut exakt in dieselbe Position „rutscht“ wie vorher. Ich solle da lieber kein Risiko eingehen. Dieser Hinweis war mir sehr willkommen, habe ich doch sowieso den Standpunkt nur dann etwas anzufassen, wenn es unbedingt nötig ist (OK – und dann aber so optimal wie möglich zu lösen). Das Polymer auf die Oberfläche der Meniskuslinse des Korrektors zu bringen war etwas umständlicher (weil tief im Tubus liegend), das stand aber definitiv in keiner Relation zu einer versauten Optik.
Es würde etwas fummelig werden da unten drin das Polymer aufzutragen, aber mit 10″ Durchmesser hat man doch einen gewissen Arbeitsraum zur Verfügung.
In der Summe – wie oft, wenn man sich viele (zuviele?) Gedanken macht – war der Polymerauftrag und das Handling wirklich sehr unproblematisch. Natürlich wird es bei der nächsten Anwendung, die zumindest beim Klevtsov aber bitte in weiter Ferne liegen soll, noch einfacher. Erfahrung ist halt durch nichts zu ersetzen.
- Das propagierte Aufsprühen des Polymers bei Optiken ab 8“ muss nicht sein (Mt. Palomar Observatory und die 2, 3 oder 4 Meter Spiegel bei denen Polymerreinigung (wenn nicht gleich Neuverspiegelung) üblich ist, sind was anderes …). Mit einem weichen, nicht zuviel saugenden Pinsel und Sorgfalt geht das viel einfacher. Man muss halt aufpassen, dass die Metallzwinge (Ferrule) des Pinsels, die die Haare hält, nicht auf den Spiegel kommt.
- Zweimaliges Auftragen, statt zu versuchen einen einzigen dicken Auftrag hinzubekommen, macht mehr Sinn, weil man sonst auf stark gekrümmten Oberflächen (der Klevtsov-HS hat f/1.9 und die Meniskuslinse um die f/3) länger gegen das Ablaufen des Fluids kämpfen muss.
Hier der Auftrag des Polymers (links) mit den Tropfnasen, die sich zwangsläufig bilden, wenn es entlang der Spiegelkrümmung abläuft (und die man mit einem Pinsel wieder zurückziehen muss) und in der Mitte und rechts der komplett versiegelte HS.
Hier am Rand sieht man, dass die recht zähflüssige Masse nicht sofort über irgendwelche Kanten läuft. So kann man recht gezielt das Polymer auftragen.
- Das Abkleben zum Schutz von irgendwas ist weitgehend unsinnig. Es verhindert nämlich nicht das Verlaufen des Polymers (das wahrscheinlich sowieso nicht passiert wäre), sondern befördert vielmehr das Verfließen per Kapillareffekt (wenn dünne Fugen zwischen Klebeband und Oberfläche bleiben). Die zähflüssige Oberfläche und die Oberflächenspannung verhindern zunächst sowieso, dass sich das Polymer wie Brühsuppe verteilt. Gegen das Hinterlaufen an Linsenkanten hilft eine dort eingelegte, bereits mit den Polymer versehene Schnur. Mit der empfohlenen, ungewachsten Zahnseide konnte ich mich nicht so anfreunden, was aber auch daran lag, dass die Korrektoreinheit tief im Tubus lag (die blieb ja dran) und mir das (auf die Entfernung gesehen) zu fein und zu dünn war.
In der Summe waren HS und Korrektor dann schnell eingesprüht und eingepinselt. Da die Polymeroberfläche nicht altert (also in normalen zeitlichen Dimensionen von unsereins), beließ ich aber die Schicht nach dem Abtrocknen noch 3 Wochen auf den optische Elementen drauf, sie waren ein willkommener Schutz gegen Staub, Fingerabdrücke, Farbspritzer und anderen Sachen, denn die nächsten Baustellen zeichneten sich ab.
Irgendwann, viel später (zwischendrin war viel von dem passiert, was nachfolgend noch zu lesen sein wird), wagte ich mich an die Entfernung. Ich war sehr unsicher, ob ich das Zeug wieder abbekomme und ob das überall rückstandsfrei abgeht oder („worst case“) überall kleine Teilchen hängen bleiben, oder ob das Polymer Teile der Beschichtung gleich mitnimmt (hmm … auch „worst case“, wenn ich mir das so überlege). Aber, nichts von alledem passierte. Das Polymer ist perfekt eingestellt, nicht so viel Haftung dass es der Beschichtung schadet und auch nicht zu wenig Haftung: Das Polymer reißt auch bei starker Krafteinwirkung nicht.
So gab es entspanntes Optikpellen …
PS: An der Stelle sei noch (ergänzend) darauf hingewiesen, dass der sog. „Discofilm“ / „Sensorfilm“ zwar identisch in der Anwendung ist, aber (zumindest) bei verspiegelte Oberflächen meiner Meinung nach NICHT zuverlässig funktioniert. Ich habe/hatte beide Produkte zuhause und dieses Polymer haftet wesentlich stärker an der Oberfläche und ist dünnflüssiger (bildet also dünnere Schichten aus, die leichter abreißen). Je nach verspiegelter Oberfläche bleiben davon Reste auf dem Spiegel zurück (ähnlich wie die „Kalkränder“ bei eingetrockneten Tropfen) oder die Verspiegelung (gerade wenn schon etwas gealtert) wird tlw. mit abgezogen!
Let’s talk about black, baby […] let’s talk about all the good things, that may be … 😀
Nachdem der Klevtsov also zerlegt war, tauchte zeitgleich im blauen Forum ein Artikel über schwarze Farbe auf. Natürlich wurde ich da neugierig:
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=236663
Im Original war das ja eine Künstler & Theaterfarbe (so klassisches Black Theater), aber nachdem sie sogar Vantablack einigermaßen ebenbürtig sein sollte, war meine Interesse noch größer:
BLACK 2.0 – The world’s mattest, flattest, black art material
In einem recht seriös anmutenden „Test“ hat sie zudem auch gut abgeschnitten:
https://astronomie-teilen.de/wissensspeicher/teleskope-und-tuning/reflexion/
Kleine Anekdote zu Vantablack: Im August 2018 fiel ein Besucher im Museum Serralves in Porto in ein zweieinhalb Meter tiefes Loch, dass der Künstler Anish Kapoor installiert und mit der Farbe Vantablack hatte beschichten lassen. Dadurch sah es nicht mehr wie Loch aus, sondern wie eine begehbare Fläche. Alle Reflexe und Konturen im Inneren des Lochs verschwanden durch Vantablack.
OK, wenn diese Farbe an so eine Streulichtunterdrückung wie Vantablack auch nur herankommen würde und mein Klevtsov (vor allem das Blendrohr) aktuell gut zugänglich war, dann war das vielleicht ein Zeichen. Also habe ich mit besagtem Künstler Stuart Sample (der hat die Farbe entwickelt und vertreibt sie) Kontakt aufgenommen und eine 150ml
Flasche bestellt…
Natürlich bin ich nicht so blauäugig irgendwas in meinem Klevtsov reinzupinseln, dass noch nie jemand zuvor zu diesem Zweck genutzt hat. Also machte ich hier – 150ml sind ja genug und die „Verschwendung“ blieb in Grenzen – ein paar Beschichtungstests parallel mit zwei anderen schwarzen Farben. Das eine war „Tetenal Kameralack“, der findet sich meist im inneren mattschwarzer Kamerakörper, das andere war „Krylon Camouflage Ultra Flat“ aus den USA. Das sind die beiden, die ich aktuell zum Erreichen von reflexionsarmen Oberflächen verwende.
Die oft in dem Zusammenhang genannter Berger Astrofarbe verwende ich nicht mehr, weil sie einfach mit einer zu dicken Schicht austrocknet, die Pigmentierung sehr unregelmäßig ist und ein Großteil der Pigmente eher im Pinsel oder in der Rolle bleibt. Zudem hängt die reflexmindernde Wirkung stark vom Pinselstrich und der Richtung des Auftrags ab.
Hier das Ergebnis meiner, ziemlich primitiven Versuche:
Die Bilder zeigen die drei Farbaufträge und ihre Wirkung, fotografiert OHNE zusätzliches künstliches Licht in einem Kellerraum. Die Tür zum Flur (der von oben Tageslicht erhält) war offen und hat für eine diffuse „Grundhelligkeit“ gesorgt.
Das Bild unten zeigt die Musterfarbtafel schräg abfotografiert (Winkel ca. 25 Grad). Die von mir absichtliche erzeugte Falte im ursprünglich weiß hochglänzenden Papier (um etwas an Konturen zu bekommen), geht übrigens durch alle drei Farbfelder hindurch!
Linker Bereich: „Black 2.0“ / Mittleres Bereich: „Tetenal“ / Rechter Bereich: „Krylon Camouflage“
Farblich geben sich die Schwarz nichts, extrem auffallend ist aber, dass die erzeugte Falte im Papier bei „Black 2.0“ visuell nahezu komplett verschwindet, obwohl sie existiert! Alle Bilder stammen aus einem Foto. Der Versatz der Falte kommt dadurch zustande, dass ich das Foto etwas beschnitten habe um es schmäler zu bekommen. Für die, die hier nur Schwarz sehen: Das hängt natürlich sehr stark von der Monitorkalibrierung ab. Ich habe einen großen 32“ Monitor für Grafikanwendungen, da sehe ich Unterschiede sehr deutlich. Auf dem iPad mit seinem LCD sehe ich auch schwarz. Heißt aber auch, dass alle drei recht schwarz sind.
Hier ist dieselbe Farbtafel, aber senkrecht von oben fotografiert.
Im senkrechten Bereich fällt der Unterschied deutlich geringer aus. Die Farbverteilung ist identisch zu oben.
Sehr deutlich wurde es, als ich den Blitz dazu genommen habe:
Die Wirkung war also ziemlich eindeutig, zumindest kamen meine zwei anderen Referenzfarben nicht wirklich hinterher, obwohl sie wirklich gut sind. Nachdem die optischen Elemente am Teleskop sowieso gerade noch mit Polymer abgedeckt waren, konnten die Malerarbeiten beginnen. Zuvor baute ich mir noch ein „Spezialwerkzeug“ aus einer Malerrolle, um gut in die Tiefen des innenseitigen Blendrohr zu kommen und es innenseitig problemlos schwärzen konnte. Auch für den Tubus leistete die Rolle sehr gute Dienste.
Den HS habe ich dennoch (sicher ist sicher) mit passend konturierten Papier abgedeckt. Der Farbauftrag erfolgte zweimal. Die Farbe deckt sehr gut, ist extrem stark pigmentiert (holla, die Waldfee – ein Minitropfen irgendwo braucht massenhaft Wasser bis der endlich komplett weggewaschen ist).
Da das iPhone beim Fotografieren die Blende automatisch angleicht (je nach Helligkeit des Bildes im Fokus), sind vorher – nachher Bilder nicht seriös möglich. Aber der dunkle Tubus hier spricht eine deutliche Sprache. Da scheint also durchaus eine Verbesserung erfolgt zu sein.
Hier wieder die Fotos im normalen Tageslicht, das Fenster rund 120 cm entfernt
Grundsätzlich ist es ja so, dass stark streulichtunterdrückende Farben letztlich in einer 3 dimensionalen Struktur austrocknen. Also ist immer darauf zu achten, dass man die beschichteten Flächen so wenig wie möglich berührt, um diese Struktur zu erhalten. Da sind Sprays natürlich im Vorteil, weil der Auftrag selbst fast schon dreidimensional erfolgt (ja man ja nicht wie mit einem Pinsel oder einer Rolle „drückt“ oder wischt. Wenn man das im Blick hat, scheint „Black 2.0“ eine gute Option zu sein, wenn man nicht per Spray arbeiten kann oder will. In meinem Fall erfolgte ein zweimaliger Auftrag per Rolle. Interessant ist auch dass Black 2.0 einerseits wirklich „voll fett schwarz“ erscheint und Strukturen per Auge und auf Fotos völlig konturlos werden, andererseits aber auch einen dunkelgrauen (statt schwarzen) Eindruck hinterlassen kann. Viel hängt anscheinend auch hier davon ab, wie stark gerichtet das Licht ist und wie der Reflexionswinkel ist. Wenn ich bei Tag auf die Spider blicke, kommen die dunkelgrau daher, im schwachen, dämmrigen Licht erscheint der Tubus mit den Spider davor jetzt aber völlig strukturlos und nicht mehr dreidimensional.
Das Bild gibt näherungsweise den Eindruck wieder, wie sich der Tubus (der Fokuspunkt war im Schwarzen und die Empfindlichkeit war ganz nach oben geschoben, wie der völlig überbelichtete Hintergrund zeigt) jetzt visuell darstellt.
Ich glaub‘ bei mir ist eine Schraube locker
Das nächste handfeste Problem bestand darin, dass ich einer Kollimationsschraube verlustig gegangen bin, weil ich die ja „zerfräst“ habe. Hört sich einfach an („Bestell‘ halt ne neue Schraube …“), löste aber eine wahre Odyssee aus.
So muss Homers Epos auch entstanden sein, ich vermute am Anfang fehlte irgendwo nur ne‘ kleine Schraube …
Aber im Ernst:
Eine Prüfung und Vermessung einer weiteren, der verbliebenen fünf intakten Schrauben, brachte an den Tag, dass diese Teile sehr spezielle Anfertigungen waren, die nirgendwo auf der Welt (und ich habe in China wirklich jeden Sack Reis virtuell umgedreht) als Serienprodukt lieferbar waren. Das Gewinde hatte 6mm Durchmesser, die Steigung war aber nur 0,8 statt 1 (also wie M5 – Ergänzung: In der Realität waren es dann 0,75 statt 0.8, also Feingewinde, wie weiter unten zu sehen sein wird) dafür war die Schlüsselweite am Sechskantkopf nicht 10 (wie bei 6mm zu vermuten), sondern nur 8. Außerdem hatte sie im oberen Teil einen glatten Schaft, der (wie sich später herausstellte) durchaus seine Bedeutung hatte. Das Ganze war also eine krude Mischung aus M5 und M6 mit einem speziellen Glattkantschaft.
So harmlos und unschuldig können Schrauben aussehen. Schaut man genauer drauf haben die Dinger es faustdick hinter den Ohren. Ehrlich …
Nachdem die TAL-250K Baustelle immer umfangreicher wurde (begonnen hatten ja mal alles damit, dass ich nur an 2 oder 3 Schrauben, zwecks Kollimation, drehen wollte), saß ich jetzt mit einem zerlegten Klevtsov, polymer-bepinselten Optikoberflächen, geschwärzten Innenteilen und kaputten Schrauben da. Mist …
Also dachte ich mir: Wenn, dann gehe ich jetzt in die Vollen und mache mit dem Kahn gleich klar Schiff! Ein Dauerproblem am Klevtsov ist ja dessen Backfokus. Mit einem 2“ ZS komme ich nur mühsam in den Fokus und manchmal gar nicht, je nach Okular. Und natürlich hängt es am ZS: Die verbrauchen von 92mm (TAL-ZS), über 99mm (kurzbauende ZS für SC‘s und so) über Televue (104mm) bis rauf zu 112-116mm (bevorzugt steht da der Name Baader drauf). Ein Teil meines Problems liegt auch daran, dass die bisherige Adapterlösung etwas großzügig mit dem optischen Weg umgeht. Da könnte man also noch einsparen, wenn man schon mal am umbauen ist.
Sieht stylish aus, aber verbraucht viel Platz. „Viel“ ist natürlich relativ, aber wenn es um Millimeter geht, sind ein Zehnfaches davon schon viel.
Lasst uns eng zusammenrücken
Um Backfokus zu gewinnen führte kein Weg am bisherigen Adapterring, der an den Schwalbenschwanz des OAZ andockte, vorbei. Der musste viel flacher bauen und damit würde der OAZ automatisch näher an den Tubus heranrücken.
Nach einigem Überlegen und messen gestaltet sich das überraschend problemlos, sogar das Zeissgewinde zum Einschrauben in die Adapterplatte konnte bleiben. Aber wie so oft: Ein Problem gelöst, zwei Neue kommen nach.
Mit diesen Madenschrauben wurde der OAZ bisher geklemmt. Nachdem die Madenschrauben gut zugänglich waren, genügte ein passender Inbus und der OAZ konnte am Adapter fixiert und vorher ausgerichtet werden.
Die Madenschrauben, die zur Fixierung dieses Rings am Schwalbenschwanz des OAZ dienten (der Ring wird dann mitsamt des daran fixierten OAZ in die Adapterplatte eingeschraubt), verschwanden nun beim Einschrauben in der Ebene der Adapterplatte, sind also schlichtweg „weg“. Also musste die Stellung des OAZ (Drehwinkel), bereits bevor er vollständig eingeschraubt war, so sein, dass er, nach dem kompletten Einschrauben (Murphy schlägt nach meiner Erfahrung bei so was immer zu), am Teleskop nicht auf dem Kopf, oder – noch seltsamer – vertikal, mit den Fokussiergriffen oben und unten steht, statt links und rechts. Faktisch nur ein Schönheitsfehler, aber ein doofer … Nach einiger Fummelei, testweise Schrauben, markieren, verdrehen … passte das dann aber sehr gut und der OAZ hing, einmal festgeschraubt auch schön horizontal hinter dem Teleskop.
Linkes Bild: So sah die neue Version aus. Die Madenschrauben tauchten in die Ebene der Adapterplatte ein. Also musst der OAZ vorher daran fixiert werden. Damit ist aber auch dessen Orientierung (Drehwinkel / Stellung am Teleskop) schon festgelegt weil man ja nur bis zum „Anschlag“ schrauben kann.
Rechtes Bild: Das Bild zeigt OAZ und Ring von der anderen, teleskopzugewandten Seite. OAZ-Gehäuse und Ring stehen zwar leicht über, aber auf der Tubusrückseite findet sich bereits da eine kleine Vertiefung in die die Teile hineintauchen können.
Viel komplizierter würde das mit den Kollimationsschrauben an der Tubusrückwand werden. Vorher lagen deren Sechskantköpfe in Sacklöchern von Adapterplatte und Tubusrückwand und mit einer etwas gekürzten 8er-Stecknuss kam ich an die Schraubenköpfe heran. Daran war nun nicht mehr zu denken. Der Zwischenraum mit dem näher zur Rückwand „gewanderten“ OAZ war jetzt viel zu klein … und wenn irgendwie doch, waren ja die bisherigen Schrauben faktisch kaputt und Ersatzschrauben gibt‘s gefühlt irgendwo hinter Jupiter, oder so …
Zwischenergebnis: Ein Teleskop mit ausreichend Backfokus, dass man nicht mehr kollimieren kann …
Was China nicht hat – macht „Drehen und Mehr“
Nach langem Rätseln und Überlegen entwickelte sich Schritt für Schritt eine neue Variante. Der Zwischenraum zwischen OAZ und Adapterring betrug weniger als 9mm. Viel zu wenig für Stecknüsse aller Art, aber ausreichend für einen Gabelschlüssel.
Wenn die (Außen)Sechskant-Schraubenköpfe nicht in den Sacklöchern verschwinden würden, sondern oberhalb der Adapterebene wären … Aber dazu mussten die Schrauben länger werden, viel länger. Und irgendwas müsste den Zwischenraum zwischen Schraubenkopf und Lochboden „füllen“ … Könnte so etwas wirklich funktionieren?
Und damit kam dieser seltsame Glattkantschaft, den jede Schraube schon bisher hatte ins Blickfeld. Sämtliche Kollimationsschrauben beim Klevtsov arbeiten ziehend. Also der große Eisenring (in der Schnittzeichnung war der Rosa eingefärbt), der über diverse verschraubte Blendrohr-Abschnitte den HS hält, wird von diesen sechs Schrauben Richtung Tubusrückwand gezogen und – je nach dem Spiel der Schraubenkräfte untereinander, eben in die jeweils gewünschte Richtung verkippt.
So wie auf dem linken Bild sieht der Aufbau am Klevtsov bis zum HS aus. Alles sehr ausgetüftelt und damit problematisch für einen Umbau, gleich welcher Art.
Das rechte Bild zeigt die originale Kollimationsschraube (als Zeichnung). Sie passt genau so rein, dass das Gewinde in diesem Spiegelhalter-Ring steckt und im Loch der Schraubenkopf aufliegt.
Die Widerlager bilden dabei der Sechskantkopf, der auf der Tubusrückwand mit einer Unterlegscheibe in einem Sackloch aufliegt und der rund 5 mm lange Gewindeteil am unteren Ende der Schraube, der in diesen „Spiegelhalter-Eisenring“ geschraubt ist. Dazwischen ist der glatte Schaft der Schraube und das auch noch mit rund 1 mm umlaufend Luft zur Bohrung in der Rückwand. Und das macht sehr viel Sinn, beziehungsweise ist konstruktiv unabdingbar. Nach einigem Überlegen habe ich das System dahinter verstanden.
Dadurch, dass der Mittelteil der Schraube verschlankt ist und jeden Kontakt zum Rand vermeidet, können die Schrauben eben auch (je nach notwendiger HS-Kippung) auch leicht „schief“ zur Tubusrückwand stehen. Die Schrauben hat nur an ihrem Kopf (=Rückwand) und an ihrem Gewinde (=Spiegelhalter-Eisenring) Kontakt zur Mechanik des Teleskops (dazwischen nicht). Und genau dafür ist der dünnere, glatte Schaft gedacht, er ermöglicht die Bewegungsfreiheit zum Rand der Bohrung. Ins Bild passt dann auch, dass die Unterlegscheibe faktisch leicht trompetenförmig geformt sind. Sie können damit auch natürlich in Grenzen „gleiten“ und ermöglichen es so, dass der Schraubenkopf einer (wegen der Verkippung des HS) leicht schief stehende Schraube, vollflächig aufliegt. Wieder einmal zeigt sich, dass auch die kleinste Kleinigkeit an diesem Teleskop nicht einfach zufällig so ist, sondern durchaus ihren Grund hat.
Die Kollimationsschrauben können durch ihre Konstruktion auch „schief“ im Tubus stecken und dennoch mit dem Kopf ziemlich vollflächig aufliegen. Dafür wird der dünnere Schaft benötigt. Die Unterlegscheibe ist auch so geformt, dass sie in verschiedenen Kippwinkeln aufliegen kann. Der Effekt: Der Schraubenkopf, der sonst einseitig aufliegen würde, kann wieder vollflächig(er) aufliegen.
Wenn die Schrauben also länger würden, brauchten sie unbedingt diesen dünneren Glattkantschaft. Zusätzlich muss unter der weit herausragenden Schraube eine passend dicke und lange Distanzhülse liegen (idealerweise mit gerundeter Auflage unten, damit diese Hülse nun den Druck des Schraubenkopfs zur Tubusrückwand neu vermittelt und eben auch – wie die Schraube selbst – leicht „schief“ stehen kann, damit der komplette Schraubenkopf (und nicht nur eine Seite, weil schräg) aufliegen. Also faktisch eine Unterleg“scheibe“, nur eben rund 10mm dick.
Als Ergebnis kam diese Schraube heraus, die es in keinem Laden der Welt gab. Hier hat mir dann erneut (wie auch oft vorher) Horst Becker von „Drehen und Mehr“ aus der Patsche geholfen. Es ist unglaublich mit welcher Akribie und Aufwand Horst solche Fantasie-Konstrukte meinerseits nochmals durchgeht, optimiert und dann auch noch sehr genau und kurzfristig fertigt. Ohne ihn wäre mein TAL-250K schon längst nicht mehr im Einsatz.
Als Schraubenbasis wurden aus China passende 6mm Edelstahlschrauben mit 0.75er Steigung geordert (vorher probeweise eine Einzige – sündhaft teure – aus einem deutschen Motorradshop um am Klevtsov zu checken ob das a) tatsächlich Gewinde mit 0.75mm Steigung sind und b) ob alle Gewinde noch funktionstüchtig sind. Glücklicherweise lautete die Antwort beides Male „Ja“.
Von diesen Schrauben-Rohlingen wurde dann der obere Teil des Gewindes abgedreht um den glatten Schaft zu erzeugen und die Schraubenlänge angepasst. Anschließend wurden dann die entsprechenden Distanzhülsen (auch mit kleiner Rundung unten) gefertigt. Die neuen, konischen Beilagscheiben gab es als Massenware. Die sollten vor allem dazu dienen eventuelle Ungenauigkeiten in der Höhe auszugleichen. Dann hätte man etwas mehr Spielraum.
Als Ergebnis kam ein völlig neues Schraubensystem heraus und das war durchaus gewagt, da die neuen Schrauben natürlich viel länger sind und weil dadurch die Hebelkräfte auf sie ganz anders wirken. Zu dem Zeitpunkt war völlig unklar, ob der HS damit auch wirklich stabil befestigt werden kann, oder der einfach immer wieder wegrutscht. Die Mechanik muss ja völlig gegensätzliches perfekt leisten: Beweglich sein und Verstellbarkeit gewährleisten – Steifheit und und absolute Unbeweglichkeit garantieren. Beides geht nur über die Kraftwirkung. Es könnte gut sein, dass die jetzt dafür benötigten Kräfte die vorhandenen Querschnitte, Auflageflächen, Gewindedurchmesser einfach übersteigen.
Hier wird die Veränderung überdeutlich. Teilweise sind noch die alten Schrauben verbaut, links bereits die Neuen vorsichtig (aber nicht komplett) eingeschraubt. Der Überstand ist wesentlich geringer.
Der Zugang zu den Kollimationsschrauben ist wieder vollumfänglich da. Ha, nicht nur die Russen können „tricky“ konstruieren …
Um die Ecke gucken
Der ursprüngliche Grund „Drehen und Mehr“ einzuspannen, war eigentlich ein ganz anderer. Nachdem der Backfokus des TAL-250K ja recht knapp ist, bin ich permanent auf der Suche nach hochwertigen, kurzbauenden ZS. Ich habe ein ZEISS M44 Prisma, dass das Problem sehr gut löst, aber eben nicht mit dem vollen möglichen Durchlass. Irgendwie steckt der Perfektionismus einem Amateurastronomen tief drinnen …
Außerdem verändert das Prisma die Schnittweiten der einzelnen Farben. Manchmal ist das gewollt, weil dadurch Farben im Fokus näher zusammenkommen, aber bei meinem Klevtsov sind sie (ohne Prisma) bereits so sortiert, dass das Prisma diese noch ein bisschen mehr spreizt …
Vor einiger Zeit habe ich in Russland einen hochwertigen 2“ Zenitspiegel von STF ergattern können, der (zumindest theoretisch) eine Oberflächengüte von 1/10 Lambda/Wellenlänge oder besser aufweisen soll (STF ist die letzte, neben LZOS, verbliebene Nobelmarke russischer Teleskopproduktion …)
Jedenfalls – und das war das besondere – waren Hülse und SC-Überwurfring am ZS abschraubbar, was es möglich machte diese Teile auf einer Werkbank zu bearbeiten. Und damit war auch das verbleibende Gehäuse einer Fräse oder anderen Bearbeitungsschritten zugänglich. Also machte ich mich daran den „normalen“ ZS in einen kurzbauenden ZS zu verwandeln.
Die Okularaufnahme des ZS hatte eine optische Länge von 42 mm. Das ist großzügig, die üblichen Steckhülsen haben ja nur 35 mm Länge (üblicherweise sind diese 6-7 mm die Reserve für aufgeschraubte Okularfilter). Hier kann man sparen.
Das Gehäuse selbst kam ebenfalls sehr massiv daher. Beide Hülsen konnten mit 5 Windungen (= 5mm Wandstärke) befestigt werden. Wenn man beidseits rund 1,5 mm abfräst, sind immer noch rund 3 volle Gewindegänge da – und das wäre (für meine Zwecke) mehr als ausreichend.
Der Spiegelkasten steht dann zwar zunächst (durch das beidseitige Abfräsen) auf jeder Seite rund 2 mm über, aber auch der war überaus massiv gehalten, so dass man bei ihm das überstehende Material abnehmen konnte.
In der Summe kommt der ZS jetzt auf einen Lichtweg von 99 mm. Geringer geht es nicht, bei vollem Durchlass mit 2“ (sagt zumindest die Theorie, wenn ich mich nicht verzeichnet / verrechnet habe). Da aber auch das Teleskop selbst jetzt weniger Lichtweg verbraucht, erreichte ich in der Summe 15 mm mehr Backfokus. Für meinen Klevtsov sind das Welten.
So sah der ZS vorher aus (linkes Bild). Rechts sind schon die modifizierten, bzw. ergänzten Einzelteile zu sehen.
Einzig das ZS-Gehäuse ist jetzt von außen, auf den „Dachkantschrägen“ roh. Ich habe mich entschieden das so „technisch“ zu lassen und habe die Metalloberfläche später dann nur möglichst strukturlos mattiert, dass diese nicht glänzt wenn man drauf sieht. Nacheloxieren geht anscheinend sowieso nicht, zumindest habe ich niemanden gefunden, der das machen wurde. Na ja, bei Ralfs OAZ-Adapter am TAL-100 Apolar, blieb das Metall auch roh – und das sieht durchaus stylish aus.
Und hier ist das Teil wieder zusammengesetzt. Nur die abgefräste Oberfläche verrät, dass der ZS jetzt 10 mm kürzer baut.
Wenn also der Klevtsov wieder einsatzfähig werden würde, war also schon mal ein (weiterer) passender ZS vor Ort.
Blend-Werk-Zeug-Loch
Die Mechanik ist das eine am Klevtsov, die Optik das andere. Die Korrektoreinheit und der HS müssen, in ihrem Winkel in dem sie zueinander stehen, sehr genau aufeinander ausgerichtet werden und die Toleranzen sind sehr gering. Ich habe mal nachgerechnet: Die erforderliche Genauigkeit in der Verkippung der Korrektoreinheit sollte unter 0,1 Grad liegen. Dafür gibt es eine Art interferometrisches Verfahren – zumindest werden Beugungserscheinungen der Korrektorlinsen, die ein HeNe-Laser erzeugt, dafür genutzt. Dazu muss der Laser aber exakt auf der optischen Achse des Teleskops liegen. Und genau darin liegt die Crux, denn diese Achse kann nur mechanisch, mit zwei Lochblenden (vorne und hinten am Teleskop) ermittelt werden
Und das ist regelmäßig schon mal weit ungenauer, als eigentlich benötigt. Da nützt die Ganze nachfolgende Interferometrie nicht mehr viel, wenn es bei der Basis schon im Argen liegt.
Also habe ich mir lange Gedanken dazu gemacht, wie ich das genauer als bisher hin bekomme. Zwischendurch hatte ich auch ein paar rudimentäre „Prüfverfahren“ um zumindest mal zu ermitteln, ob das völlig daneben ist oder nicht. Hier ein Beispiel:
Na habt ihr an dem Bild gesehen was das in echt war? Hier die Auflösung:
Für so eine „Quick & Dirty“ Bestimmung der optischen Achse reicht sowas natürlich mal aus. Aber genau geht natürlich anders. Aus Novosibirsk kamen nur allgemeine Beschreibungen, man nehme dafür „pinhole bushings“ und „you have to try different materials, may be optical synthetics“. So ganz wollte man (so hatte ich den Eindruck) mit dem Know How nicht rausrücken. Also weiter überlegen, testen, recherchieren, lesen …
Meine bisherigen Lochblenden war aus POM (Polyoximethylen). Schön zu drehen, aber milchweiß. Der Laser erzeugte da einen sehr großen Lichthalo und das ist genau das Problem, zentriere mal ein rund 10 mm großes diffuses, sich nach außen ausdimmendes Lichtscheibchen auf 0,1 Grad genau.
Hier ist noch die alte Blende mit 1 mm Löchern. Aber gleichzeitig sieht man auch den Lichthof den der Laser im Material selbst erzeugt, dass das kohärente Laserlicht stark streut. Man kommt so auf eine ordentliche Genauigkeit, aber man ist deutlich über der Toleranzschwelle.
Neben den neuen Schrauben haben mich diese Blenden viele Stunden an Gedanken gekostet. Am Ende war ich mir aber sicher etwas (für mich) sehr Geniales entwickelt zu haben. Für die planparallele Platte in der Blende wurde Polymethylmethacrylat verwendet (nein, dass ist keine neue Designerdroge, sondern gewöhnliches „Acrylglas“) – hochtransparent und laserdurchgängig … Der Rest der Blende musste wieder aus POM sein, denn Acrylglas könnte man zwar auch abdrehen, aber dann ist die Transparanz im Eimer. Also besteht nur die Mitte der Blende aus einer kreisrunden, 2 mm dicke Acrylglasplatte, die zwischen zwei zu verschraubenden POM-Teilen fixiert wurde, die dann insgesamt die Lochblende ergaben. Da das Acrylglas-Scheibchen quasi eingesetzt wurde, konnte die Blende zudem ganz variabel gehalten werden. Ich plante also gleich mal Acrylglasplättchen mit 0,6 mm / 1 mm / 1,25 mm Pinholes.
Wer weiß, welcher Lochdurchmesser in welchem Abstand, mit welcher Genauigkeit gerade ideal passt? So konnte ich jetzt einfach das Plättchen wechseln und hatte eine komplett „neue“ Blende. Um den Luxus komplett zu machen, wurde auch noch eine Blende mit einem weiteren 1 mm Pinhole, aber zusätzlich mit zahlreichen konzentrischen Kreisen und auf dem Acrylglas angefertigt. Davon erhoffte ich mir eine noch bessere Orientierung, weil die konzentrischen Kreise sicher die Beurteilung der Lichtverteilung vereinfachen würden. Also ein Grundkörper, aber vier Blenden. Das Ganze brauchte ich aber doppelt: Einmal als 2“ Steckblende für den OAZ vorne und einmal als M42 Blende zum Einschrauben hinter die Korrektoreinheit. Also musste auch zwei Entwürfe für die Grundkörper her.
Das linke Bild zeigt die Schnittzeichnung der „vorderen“ Blende, die als 2″ Steckblende für den OAZ dient. Die rechte Schnittzeichnung ist die „hintere“ Blende, die in das zentrale M42 Gewinde der Curved Spider Einheit geschraubt wird. Diese war etwas schwieriger zu konstruieren, da sie auch auf der Gewindeseite bündig sein musste. Für das Herausschrauben des Einsatzes braucht man dann auch einen „Zwei-Loch-Schlüssel“, sonst kann man das nicht greifen. Geht aber auch …
Die vordere 2“ Blende wollte ich aber auch unabhängig vom OAZ nutzen und verwenden. Die Öffnung des Teleskops am Tubus beträgt sehr exakte 64 mm. Also wurde zusätzlich noch ein Steckring gefertigt mit der ich die 2“ Blende auf 64mm erweitern konnte. So war es möglich alle 4 Einsätze auch direkt am Teleskop (ohne OAZ) zu verwenden.
Tja, und so schaut das dann aus, wenn es in der Realität auftaucht:
Hier die verschiedenen Acrylglaseinsätze. Die größeren sind für die „vordere“ Blende, die kleineren passen in die hintere Blende. Die eine grünliche, beschriftete hat noch die Schutzfolie auf dem Acrylglas haften.
Hier die Einsätze mit den Blendenkörpern. Links ist wieder die große Blende (2″) und rechts die kleine (M42 Gewinde).
Und noch ein bisschen Kino:
Links ist die hintere Blende mit dem 2-Loch-Prinzip, rechts dann die Varianten um aus einer Blende 4 verschiedene zu machen.
Hier ist auf beiden Bildern die vordere Blende zu sehen und auf der rechten Seite bereits in Aktion, nämlich in den Tubus eingesetzt. Die 2″ Blende steckt dazu in einem Ring mit Außendurchmesser 64 mm. Der passt exakt in die Rückwand des Teleskops. Auf den OAZ kann daher verzichtet werden.
Was ein System, sehr komplex, aber das Prinzip „Design two – get twelve“ überzeugt – auch in der Praxis. An der Stelle muss ich noch mal ein Kompliment an Horst Becker loswerden, der es schaffte diese Blenden so präzise und exakt zu fertigen, dass die Toleranzen trotz des modularen Aufbaus tatsächlich fast bei Null liegen. Alle wechselbaren Acryl-Einsätze beispielsweise fügen sich saugend in die Grundkörper ein. Wow …
Aber auch hier wieder – alles graue Theorie. Es passte zwar und sah auch nett aus … aber wird sich die Realität auch so verhalten? Ist ja bisher alles nur in meinen Gedanken drin. Gemacht hat das noch keiner …
Das Licht lacht immer über das Werk der Dunkelheit
(Sprichwort aus den baltischen Staaten)
Licht an, die Show beginnt: Was soll ich schreiben?
Im Vergleich zu den Vorgängerversionen sind diese Lochblenden eine enorme Verbesserung. Die Lichthöfe um die Bohrungen, die Schattenwürfe und Kringel sind eine wahre Augenweide (wenn man so drauf ist, dass man Lichtreflexe und so‘n Zeug geil findet) und zeigen eine enorme Schärfe.
Eher per Zufall habe ich entdeckt, dass man nun auch vor die Teleskopöffnung, so in 1 m Abstand einen weißen Karton im 90 Grad Winkel stellen kann. Darauf werfen die Blenden und Pinholes durch den Laser diverse Schatten und Reflexe. Das ist wie eine zusätzliche Zoomstufe in der Darstellung: Das bedeutete eine große Hilfe in der genauen Positionierung des Lasers. Auch auf der M42 Blende zeigte sich ein hochfeines Muster konzentrischer oder eben nicht konzentrischer Kreise.
Es war fast ein Spaß immer wieder zwischen den verschiedenen Locheinsätzen zu wechseln, mit den verschiedenen konzentrischen Schatten, die die Blenden, die konzentrischen Kreise, die Bohrungen auf diesen Karton warfen, zu spielen und so (das ist ja alles ein iterativer Prozess) die Ausrichtung des Lasers auf die tatsächliche optische Achse des Teleskops immer weiter zu steigern. Die Bilder zeigen nur Ansatzweise die feinen Strukturen. Das menschliche Auge ist weitaus empfindlicher wie eine Smartphone Kamera, die das Ganze hier nur sehr unvollkommen und „grob“ abbilden kann.
So sieht der Schattenwurf auf dem weißen Karton rund 100cm von der Teleskopöffnung entfernt aus. Die Smartphone Kamera ist hoffnungslos überfordert die sehr feinen und detaillierte Bildbereiche in so einer Totale wiederzugeben. Das menschliche Auge ist da viel sensibler unterwegs und kann, vor allem mit den starken Helligkeitsunterschieden, besser umgehen. In echt war gerade der Kern in der Mitte (der hier einfach überbelichtet ist) sehr detailliert zu sehen. Auf dieses Bild konnte man den Laser unheimlich genau einstellen.
Der Lichtkern ist der Laser, der die beiden Blendenöffnungen passiert, der innere Halo ist das Licht, dass durch die Acrylglasblenden gestreut wird und das Teleskop dann nach vorne gerichtet verlässt. Der große, äußere Ring ist der Lichtreflex des HS, da die Korrektoreinheit den Laserstrahl an den Linsenkanten bricht und einen geringen Teil wieder Richtung Tubusrückwand reflektiert. Ein Teil davon passiert das Blendrohr und bildet die sog. „Newtonschen Ringe“ die um einen Projektionsschirm um den Laser herum sichtbar werden (die braucht man dann zur Justage der Korrektoreinheit), der größere Teil wird vom HS wieder Richtung Tubusöffnung gespiegelt und erzeugt diese große Lichtfläche in der die „Curved Spider“ ihren Schatten werfen.
Die Ausrichtung des Lasers mit diesem Teststand und den Mikrometereinheiten ist sehr senibel.
Hier sieht man das Bild eines leicht abweichenden Laserstrahls. Die Abweichung hier beträgt (wenn der Laser seitlich zur Achse versetzt wäre) rund 0,15 mm. Wäre stattdessen ein leicht „schiefer“ Winkel in dem der Laser abstrahlt die Ursache, wäre das eine Abweichung von 0,008 Grad. Die hohe Genauigkeit kommt durch den langen Abstand zwischen Laserkathode und dem oben sichtbaren Punkt – hier über 300 cm. Also wirklich super sensibel – mit dem Nachteil, dass es eigentlich nie so absolut perfekt passt. Nicht weil es so ungenau ist, sondern weil es eigentlich zu genau ist.
Und hier passt jetzt tatsächlich alles! Luft anhalten, nicht mehr sprechen, nichts berühren und gaaanz langsam den Raum verlassen.
Das ist auch wieder das Schattenbild wie es auf der Acrylglasplatte hinter der Korrektoreinheit zum Liegen kommt (wie oben). Der innere weiße Punkt ist das 1 mm große Pinhole dieser Blende. Der größere weiße Punkt ist das 0,6 mm große Pinhole der Blende, die in der Tubusrückwand des Teleskops steckt (der ist dennoch größer, weil sich der Laserstrahl der dieses Pinhole passiert, aufweitet). Die weiteren Kringel außen herum sind die Beugungserscheinungen, die sich durch das Passieren des Laserstrahls durch die Pinholes ergeben. Entscheidend sind die beiden hellen Ringe/Punkte, da diese die zentrisch positionierten Pinholes vorne und hinten am Teleskop repräsentieren.
Fazit: Beide Kringel zueinander zentrisch = Laserstrahl geht exakt mittig durch das Teleskop = der Stahl ist jetzt „identisch“ mit der optische Achse des Teleskops. Der Schatten-Licht Reflex auf diesem Bild ist übrigens (in Originalgröße und gemessen inkl. dem schwach sichtbaren roten Ring außen) nur 8-9 mm groß. Der innere schwarze Kringel hat 0,15 mm Dicke. Das ist die Sensitivität, die ich brauche. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Kontrolle: So sah das nicht auf der Acrylglasplatte, sondern 100 cm weiter dahinter, auf dem weißen Karton aus. Immer noch zentrisch und mittig. Der Abstand wirkt ja wie ein Zoom auf das Bild. Passt!
Astrofotografisch gesehen könnte man zu dem Ergebnis sagen: Summenbild aus insgesamt 10 Stunden Belichtungszeit …
Natürlich gab es eine Art Lernkurve meinerseits: Anfangs mühevolle Schritte verbesserten sich immer weiter, zu einem sehr fixen „Workflow“, so dass diverse Neustarts (weil man sich in einer Sackgasse glaubte) nicht weiter tragisch waren, da ich dann den letztbesten Zwischenstand sehr schnell reproduzieren konnte. Dennoch zog sich das Ganze rund 14 Tage hin, wobei sich darin aber eben „nur“ 3 oder 4 Tage verbergen, an denen ich jeweils so 2-3 Stunden mit dem „Erkunden“, „Ausprobieren“, „Spielen“ beschäftigt war, bis der Laser (meiner Einschätzung nach) mit der erforderlichen Genauigkeit, auf der tatsächlichen optischen Achse herumlaserte …
Ein großer Wurf war es auch, den OAZ zunächst demontiert zu lassen und das Ganze erst über die eingesetzte Blende in der Tubusrückwand laufen zu lassen. Das hat dann den zweiten Schritt, nämlich mit angebauten OAZ (und dann der Blende im OAZ drin) zu schauen und zu prüfen, enorm beschleunigt. Außerdem konnte ich auf diese Weise (der OAZ ist über seine Adapterplatte justierbar) sehr genau die Verkippung des OAZ herausjustieren und mir war sehr bewusst, welche Abweichung von der optischen Achse, auf wessen Konto ging.
Mit einer anderen Pappscheibe justierte ich dann, in einem weiteren Schritt die Adapterplatte des OAZ so, dass dieser maximal genau auf der Achse lief. Hier musste ich einen kleinen Kompromiss eingehen, weil das Auszugsrohr eine hauchfeine „Welle“ aufwies (so um die 0,1 mm). Die extrem starke Verkippung, von der ich in einem anderen Beitrag berichtete war weg (auch auf den letzten 10mm des Einfahrens). Ich vermute jetzt, dass ich ehemals mit den OAZ eine leicht schief festgelegte optische Achse kompensieren wollte und dass dann (notwendigerweise) auch schief einfahrende Auszugsrohr, auf den letzten Millimetern in Kontant mit der Seitenwand des Blendrohres kam und dann dem verdrückt wurde. Die Abweichung, die hier zu sehen ist (Lichtpunkt nicht exakt auf Fadenkreuz), war die maximale Ablenkung zwischen komplett eingefahrenen und ausgefahrenen Einzugsrohr, nachdem ich den Fehlerbetrag gemittelt hatte.
Und – wie sollte es auch anderes sein, habe ich für die Justage der Adapterplatte des OAZ wieder ein spezielles Werkzeug gebraucht. Die kleinen Madenschrauben, die hier zu sehen sind, drücken gegen die Tubuswand, die Senkkopfschrauben in die entgegensetzte Richtung. Damit kann man also die Adapterplatte (inkl. daran hängenden OAZ) genau und stabil justieren. Nur sind natürlich wieder einige der Madenschrauben im engen Zwischenraum zwischen OAZ und Adapterplatte gelandet. Aber dazu musste nur ein Inbusschlüssel etwas gekürzt werden. Sieht seltsam aus die Krücke, geht aber perfekt.
Bis an die Grenze … und darüber hinaus
Das Kuriose: Dieser ganze Aufwand mit Blenden und Laser und vielen anderen mehr hatte bisher noch nicht dem geringsten Einfluss auf die Justage des Teleskops. Der einzige Grund für diesen Aufwand ist eine sehr exakte Bestimmung der optischen Achse des Teleskops.
Das ist aber unabdingbare Voraussetzung für die Justage der Korrektoreinheit. Denn, werden nun im nächsten Schritt die Blenden aus dem Teleskop entfernt, wechselt der Schauplatz des Geschehens in Sekundenbruchteilen auf die andere Teleskopseite zum Ausgangspunkt des Laserstrahls. Dort tauchen auf einem Schirm, der direkt um den Laser herum liegt, unzählige konzentrische Kreise auf. Das interferometrische Phänomen wird „Newtonsche Ringe“ genannt und diese sind jetzt die Orientierung für die Justage der Korrektoreinheit. Diese wird dann solange über ihre sechs Justageschrauben in ihrer Position verändert bis diese Newtonschen Ringe (die ja durch den Positionswechsel der Korrektoreinheit ebenfalls ihre Position ändern), möglichst zentrisch um den Laserstrahl (=Achse) liegen.
Mittlerweile war ich aber in einem Genauigkeitsbereich und bei einer Sensitivität im Aufbau angelangt, der deutlich über die technisch mögliche Genauigkeit hinausging. Der Klevtsov war zum Beispiel (extrem fest, das war nicht das Problem) auf einer Werkbank befestigt, aber diese Werkbank war eben nicht mit dem Boden verschraubt oder stand auf einem Betonestrich, sondern auf Lärchendielen mit OSB-Platten und Schüttung darunter. Schon allein das genügte, um beim Justieren der Korrektoreinheit mit einem Ringschlüssel, den Teleskoptubus einen Hauch in seiner Position zu verändern – und mein Teststand bzw. die Lochblenden und ihre Schattenwürfe schrieen umgehend: „Alarm, Alarm … !“
Ziemlich primitiv versuchte ich ein bisschen mehr Stabilität zu gewinnen. Wozu Gegengewichte nicht alles gut sind
Irgendwann kam ich dann zu dem Schluss, dass der Fehler, den ich selbst immer wieder einbringe in etwa gleich hoch war, wie der Fehler, den ich aktuell korrigiere. Ergo versuchte ich mich irgendwann aus diesem Spiel (das kann man – wenn man Spaß daran hat – ja endlos weitertreiben) zu verabschieden und schlich mich, durch immer kleiner werdende gegenseitige Korrekturen, langsam aus dem System heraus. Bis man eben den Punkt erreicht hat an dem man konstatiert: Fertig!
Das hier ist links der Schirm der um den Laser herum positioniert ist. Der kleine Punkt in der Mitte ist die Öffnung für den Laserstrahl. Das Fadenkreuz ist die Vorlage an der man sich beim justieren orientieren kann, wenn man die dann zu sehenden Newtonschen Ringe zentriert. Idealerweise fallen die Vorlage und diese Ringe „ineinander“.
Auf der rechten Seite sieht man, wie sich diese Newtonschen Ringe über den Schirm ausbreiten. Im äußeren Bereich (also ab dem ersten breiteren, dunkleren Ring), sind sie sehr exakt auf der Achse. Diese Ringe werden von der Meniskusline erzeugt und dienen zur Einstellung. Die inneren, feinen, dünnen Ringe stammen vom Luftspalt zwischen Meniskus- und Manginlinse und von der Manginlinse selbst. Diese sind nicht zentrisch, was eher ungewöhnlich ist. Das zeugt davon, dass die Manginlinse nicht exakt genauso ausgerichet ist, wie die Meniskuslinse. Die Moskauer ATM´ler hielten das für bedenklich, da die Linsen üblicherweise unter interferometrischer Kontrolle im Korrektor eingebaut und dann in ihrer Position versiegelt werden. Die inneren Kreise würden zwar nie absolut exakt in der Mitte liegen, aber soviel wäre ungewöhnlich.
Der Meister himself, Yuri A. Klevtsov, schrieb mir, dass ich die Ausrichtung nicht nach den inneren Ringen machen darf, sondern nach der Meniskuslinse, also den großen, breiteren Ringen und dass die erforderliche Genauigkeit der Zentrierung der Ringe bei 0,5 – 1 mm liegt. Allerdings geht Yuri A. Klevtsov von einem Abstand des Lasers zum Teleskop von 50 cm aus. Für ihn war es schwierig sich stärkere Laser, die bei größeren Abständen noch ausreichend helle Ringe erzeugten, in Privathand vorzustellen.
Ich habe den Abstand gleich mal vervierfacht – rund 200 cm. Damit konnte ich die Genauigkeit in der Zentrierung weiter steigern und das war auch die Erklärung für die stärkere Abweichung der mittleren Kreise. Der Versatz zeigt eine Verkippung der Manginlinse von max. 0,15 Grad an, das macht auf diese Entfernung rund 5mm aus. Bei 50 cm Abstand, würde der Versatz nur noch 1,3 mm betragen. Das ist dann wieder völlig in der Toleranz.
Die einzige Gabe die man dann noch haben muss ist „Fertig“ auch fertig sein zu lassen“ – melden sich doch (zumindest bei mir) umgehend so kleine Einflüsterungen wie: „Ja, aber ob es jetzt auch noch passt?“ oder „Hmm, könnte man nicht doch noch genauer …“ Aber ich schaffte es standhaft zu bleiben – wohl wissend, dass mich diese Versuchung bei der Kollimation des Hauptspiegels bald wieder einholen würde. Jetzt aber passte die Justage der Korrektoreinheit sehr genau.
Die Abweichung der Korrektoreinheit betrug noch rechnerische 0,02 Grad. Die Zahl kann man recht einfach aus der noch vorhandenen Toleranz der Newtonschen Ringe zur Vorgabe und den Abständen und Längen des Systems ermitteln (behauptet jedenfalls Pythagoras). Damit war also viel „Luft nach oben“. Am Ende brachten stärkere Veränderungen der Raumtemperatur und vor allem die Temperaturunterschiede der Laserröhre selbst (die wird bis zu 65 Grad warm) einen 4-5x größeren Fehler ein, als meine Justageungenauigkeiten. Also: Fertig!
Oder … ? Na ja, der HS steht noch aus.
„Weißt du wieviel Sternlein stehen …“
Die letzte Hürde war dann die Kollimation des HS am Stern. Jetzt kam es darauf an: Sekt oder Selters …
Denn, ob die Justage der Korrektoreinheit „absolut exakt“ ist, nur „exakt“ ist oder vielleicht auch nur „genau“ bemerkt man visuell ehrlicherweise auf dem Niveau nicht. Das Bild bleibt halt einen Hauch unschärfer, oder die Waveletfilter bei den Summenbildern der Planeten müssen einen Ticken aggressiver und größer ausfallen. Aber man hat ja nie den Vergleich zwischen „so könnte es sein“ und „so ist es jetzt“.
Das alles kann und wird man, auch um des eigenen Seelenfriedens Willen, auf das Seeing, den nicht ausgekühlten HS, die Dächer, die Straße, den Jetstream, die eigenen Augen, die Anstrengung der Augen, die Nackenmuskulatur und was weiß ich noch alles (vorher nicht gegessene Blaubeeren sind auch immer eine Überlegung wert) schieben … Aber: Ob die neuen Kollimationsschrauben funktionieren und ob der HS in Position bleibt, würde sich sofort, klar und eindeutig zeigen, indem der Korrektorschatten im defokussierten Sternscheibchen zentrisch ist oder eben nicht.
Um es (auch hier) vorwegzunehmen: Es war eher Sekt, was mir mein TAL-250K servierte, wenn man die nächsten Tage mit dazu nimmt, dann gerne auch Crémant … Von Champagner wage ich nicht zu schreiben, dass sollte Ralfs AOM Teleskopen vorbehalten bleiben.
Wie es der Zufall wollte, fiel die erste Kollimationrunde (insgesamt habe ich drei gebraucht) auf den Tag der Sommersonnenwende. Wenn das kein Zeichen ist … bedeutsamer Tag jedenfalls. Ich startete mit dem „Wächter des Himmels“ (ḥāris as-samāʾ / Arktur), der von meinem Balkonplatz, wie alles in der westlichen Hälfte des Himmels gut zu sehen war. In der Summe lief alles ziemlich rund, ich mache das ja nicht zum ersten Mal. Nur die Bedingungen selbst waren sehr mäßig. Das 3,8 mm Eudiaskopic Okular (idealerweise macht man die Kollimation ja bei gewaltiger Übervergrößerung) fand keine Verwendung und das defokussierte Sternscheibchen machte seinen Namen alle Ehre: faserige Scheibe mit Loch, sonst nix: Keine einzelnen hell-dunklen Ringe in der Scheibe, ein völlig irre herumtanzendes Gummiband (wenn man näher an den Fokus kam), das sich von einer horizontalen Ellipse in 10tel Sekunden zu einer vertikalen Ellipse wandelte, dann wieder zurück um zwischendurch wie Gischt an einem Felsen zu zerstäuben, um sich dann aufs Neue zu formieren und wieder tanzend wie ein Derwisch den Windgeistern zu huldigen.
Aber Arktur war wenigstens schön hell, so dass er auch gut durch einige Zirren hindurch kam, die hin und wieder sogar mehr Ruhe brachten, so dass ich das (meinem Eindruck nach) das recht passabel hinbekam. Aber – den Einflüsterungen (siehe vorher) sei Undank – natürlich nicht so, dass ich mir selber sagen konnte: Passt!
Und so kam es wie es kommen musste: Nach einem Schwenk auf Mizar (der Himmelswächter hatte sein Reich mittlerweile an ein heranziehendes Wolkenband verloren) und dem Versuch noch einen „Hauch“ an den Schrauben nachzustellen, war der Korrektorschatten wieder außermittig und es kamen Wolken. Ärgerlich …
Man kann es drehen und wenden wie man will, es passt nicht ganz. Der gelbe Pfeil zeigt so grob die Richtung des Versatzes an.
Zwei Tage später sollte sich dann, bei etwas besseren Bedingungen, die nächste Gelegenheit ergeben. Ich wechselte in dieser Nacht gleich zu Pherkad, also Gamma Ursae Minoris (Richtung Arktur war ganz mieses lokales Seeing – wahrscheinlich von der Teerfläche der Bundesstraße und diversen Metalldächern in dieser Richtung). Schritt für Schritt arbeitete ich mich an einen Zustand heran, den man (unter diesen Bedingungen) als Optimum beschreiben könnte. Schrittweise änderte ich die Vergrößerungen und damit das Aussehen der Sternscheibchen: von klein und scharf begrenzt, zu weichgezeichnet groß und wieder retour, ging in den Fokus (was sinnfrei war, da der Stern bei Übervergrößerung viel zu matschig aussah, orientierte mich knapp außerhalb des Fokus an der Lichtverteilung und den Helligkeitsausbrüchen im Ringelchen um den Korrektorschatten und übte mich darin die Kollimationsschrauben des HS schrittweise im langsamen Reigen (also eher wie in einer Sarabande) immer fester zu ziehen (das waren immer so 5-10 Grad Drehungen mit dem Gabelschlüssel). Mal die eine, mal die andere, dann wieder gegenüber, dann die benachbarten Schrauben und dann wieder ganz anders und neu …
Der Gabelschlüssel passte völlig problemlos zwischen OAZ und Schrauben, so dass die Kollimation in der Hinsicht kein Problem war.
Ziel dieses „Tanzes“ war es den HS in einer optimalen Position wirklich fest zu bekommen, ohne dass eine der Schrauben die Position des HS verzieht – das ist ein lang andauerndes, ganz sachtes Austarieren, wie bei einem Mobile an das man immer mehr hängt, aber ohne dass es kippt.
Irgendwann hatte ich dann den Punkt erreicht an dem ich konstatierte: Fertig es ist!
So sahen die Sternscheibchen abschließend aus. Die Bilder zeigen es jeweils verschieden stark defokussiert.
Fertig ist fertig, ist fertig …
Einen weiteren Tag später wollte ich die sich abzeichnenden wolkenlosen Bedingungen noch einmal nutzen. Eigentlich ging es mir vor allem darum zu prüfen, ob der HS in Position geblieben war. Dementsprechend gespannt war ich natürlich, als ich Dubhe (weil schön hoch) ins Blickfeld nahm. Wow – keine Veränderung! Der Korrektorschatten war nach wie vor sehr schön zentrisch und es gab nichts auszusetzen. Trotz der durchwachsenen Bedingungen war die Kollimation erstaunlich gut gelungen, also faktisch gut „gemittelt“. Nachdem heute alles viel ruhiger im Okular stand, nahm ich natürlich die Gelegenheit wahr (jetzt zum dritten Mal) hier und da noch einen Hauch zu korrigieren, den HS (ohne dass er sich von seiner idealen Position fortbewegt) noch ein Stück fester anzuziehen und das Ganze noch mit verschiedenen Okularen zu prüfen.
Zwischendurch genoss ich (ich war der Sternscheibchen – egal ob es der maisgelbe Arktur, der viel zarter, eher wie Elfenbein daherkommende Pherkad oder der kaltweiße Dubhe war – jetzt wirklich überdrüssig) schöne Blicke auf den Kugelsternhaufen M3 und auf M51. Grade der sehr fein und definiert im Okular stehende Kugelsternhaufen beruhigte mich sehr, zeigte er mir doch, dass ich bei der Überarbeitung des Klevtsov vieles richtig gemacht hatte.
Natürlich trug die Erleichterung jetzt am Ziel zu sein, das ihre dazu bei, damit ich diesen Eindruck genießen konnte. Aber auch ohne das ist es einfach ein wunderbares Gefühl zu sehen wie sich das Universum und seine unzähligen Wunder in einem Teleskop spiegeln.
„Hier bin ich wieder, schien mein TAL–250K dem unendlichen Kosmos zuzuflüstern. Kennst Du mich noch …?“
Bei Rückfragen darfst du dich gerne an den Autor wenden: Andreas.George@gmx.net